Die abstrakte Risikobewertung
Die Risikoanalyse auf Daato beginnt mit der abstrakten Risikoanalyse, wie vom LkSG vorgesehen. Sie erleichtert die gezielte Risikopriorisierung, weil Lieferanten und eigene Geschäftseinheiten auf Basis von zwei Schlüsselfaktoren nach ihrem Nachhaltigkeitsrisiko klassifiziert werden. Diese zwei Faktoren sind deren Produktdaten (die Art der Produkte, die sie liefern, oder die Produktkategorien, an denen sie beteiligt sind) und deren Länderdaten (das Land, aus dem sie diese Produkte liefern).
Zunächst bewerten wir das Risiko, das mit den Ländern verbunden ist, aus denen die Lieferanten ihre Produkte beziehen. Dies umfasst die Bewertung von Faktoren wie politische Stabilität, Arbeitspraktiken, Umweltvorschriften und gesetzliche Compliance spezifisch für diese Länder.
Zweitens analysieren wir das Risiko, das mit den Produktgruppen verbunden ist, mit denen die Lieferanten beschäftigt sind. Diese Bewertung berücksichtigt Faktoren wie Branchenvorschriften, Komplexität der Lieferkette und das Potenzial für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in diesen Produktkategorien.
Schließlich kombinieren wir die Ergebnisse der Länder- und Produktgruppenrisikobewertungen, um einen umfassenden Risikobericht für jeden Lieferanten und jede Geschäftseinheit zu erstellen. Dies ermöglicht es uns, jedem Lieferanten und jeder eigenen Geschäftseinheit ein Risikolevel zuzuweisen, das von "Sehr hoch" bis "Niedrig" reicht, basierend auf der Kombination ihrer Produkt- und Länderdaten. Durch die Kombination dieser Faktoren können wir Lieferanten und eigene Geschäftseinheiten effektiv nach ihrem Gesamtrisikoniveau einstufen.
Länderrisikobewertung
Unsere Länderrisikobewertung basiert auf einer Analyse quantitativer Daten aus international anerkannten Indizes, die den 13 sozialen und umweltbezogenen Risiken des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) zugeordnet sind. Zu den verwendeten Quellen zählen unter anderem die ILO, die Weltbank (World Development Indicators), das UNDP, die WHO sowie Transparency International. Insgesamt umfasst die Bewertung 185 Länder, wobei einige wenige aufgrund unvollständiger oder nicht verfügbarer Daten ausgeschlossen wurden. Die Länderliste orientiert sich an den UN-Statistiken und den Vorgaben des BAFA.
Da die einzelnen Indikatoren auf unterschiedlichen Skalen arbeiten, normalisieren wir sämtliche Werte auf eine 0-bis-100-Skala, wobei 100 ein geringes Risiko (sichere Bedingungen) und 0 ein hohes Risiko (kritische Bedingungen) darstellt. Dadurch werden heterogene Datensätze vergleichbar und können konsistent zusammengeführt werden.
Für jede im LkSG definierte Risikokategorie (z. B. Kinderarbeit, Vereinigungsfreiheit) liefern die zugrunde liegenden Indizes die Eintrittswahrscheinlichkeit. Ergänzend wenden wir einen Schweregrad-Faktor an, um die potenzielle Auswirkung jedes Risikotyps zu berücksichtigen. Die Schweregrade basieren auf der Studie von Giannakis et al. (2016), in der zertifizierte Supply-Chain-Fachleute die mögliche Schadenshöhe auf einer Skala von 1 (minor) bis 5 (critical) bewertet haben.
Auf diese Weise entsteht für jeden Risikotyp ein Länderrisikoscore, der sowohl
die Eintrittswahrscheinlichkeit (aus den normalisierten Indizes) als auch
den Schweregrad (aus Giannakis)
abbildet.
Anschließend werden die Einzelergebnisse mithilfe eines gewichteten Scoring-Modells zu einem Gesamtrisikoscore pro Land aggregiert und in die Kategorien Niedrig / Mittel / Hoch / Sehr hoch überführt.
Beispiel: Bangladesch fällt aufgrund mehrerer sozialer und ökologischer Indikatoren in die Kategorie Sehr hohes Risiko, während Dänemark als Niedriges Risiko eingestuft wird. Diese Methodik kombiniert empirische Indikatorwerte mit einem einheitlichen Schweregrad-Modell und ermöglicht eine transparente und nachvollziehbare Bewertung der Länder-Risikolage.
Produktrisikobewertung
Zur Bewertung der Produktrisiken nutzen wir eine Vielzahl von sektoralen, wissenschaftlichen und NGO-Quellen, die Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsrisiken in unterschiedlichen Branchen identifizieren. Da viele dieser Quellen lediglich angeben, ob ein Risiko existiert, nicht aber, wie wahrscheinlich es ist, modellieren wir für Produkte beide Dimensionen explizit auf Grundlage der Referenzwerte aus Giannakis et al. (2016):
Schweregrad: mögliche Auswirkung des Risikos (1–5)
Eintrittswahrscheinlichkeit: wie häufig ein entsprechendes Risiko typischerweise in vergleichbaren Branchen beobachtet wird (1–5)
Für jedes Produkt bzw. jede Produktgruppe wird ermittelt, welche LkSG-Risikokategorien in den Quellen nachweisbar sind. Jeder identifizierte Risikotyp trägt mit seinem gewichteten Wert (Schweregrad × Eintrittswahrscheinlichkeit) zur Gesamtsumme des Produkts bei. Durch die Summe aller relevanten Risiken ergibt sich der Gesamtscore des Produkts, der anschließend in die Kategorien Niedrig / Mittel / Hoch / Sehr hoch eingeteilt wird.
Beispiel: Für die Produktgruppe Fischerei wurden lediglich zwei relevante Risiken identifiziert – Zwangsarbeit und Beeinträchtigungen der Biodiversität. Die gewichtete Gesamtsumme beträgt 31, was einem mittleren Risiko entspricht. Eine Produktgruppe wie Palmöl weist hingegen deutlich mehr und schwerwiegendere Risiken (z. B. Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Entwaldung) auf und wird daher als Hohes oder Sehr hohes Risiko eingestuft.
Durch diese strukturierte Vorgehensweise werden produktspezifische Risiken transparent und vergleichbar quantifiziert. Die Ergebnisse bilden eine robuste Grundlage für die anschließende Kombination mit den Länderrisiken.
Konsolidierte Bewertung von Länder- und Produktrisiken
In der abschließenden Phase der abstrakten Risikoanalyse werden die Ergebnisse der Länderrisikobewertung (Eintrittswahrscheinlichkeit aus Indizes + Schweregrad-Gewichtung) mit den Produktrisiken (Schweregrad × Eintrittswahrscheinlichkeit auf Basis der Giannakis-Referenzwerte) in einer standardisierten Risikomatrix zusammengeführt.
Jeder Lieferantin bzw. jede eigene Geschäftseinheit erhält daraus einen Gesamtrisikoscore, der die beiden Dimensionen kombiniert.
Beispiel: Eine Lieferantin, die/der Palmöl (Produkt mit sehr hohem Risiko) aus Indonesien (Land mit hohem Risiko) bezieht, wird gemäß der von Daato bereitgestellten Standard-Risikomatrix insgesamt als „Sehr hohes Risiko“ eingestuft.
Diese integrierte Bewertung liefert ein ganzheitliches und mehrdimensionales Bild der Risikosituation einzelner Lieferanten. Die Risikomatrix dient als visuelles und analytisches Instrument zur Unterstützung von Entscheidungen, Priorisierung von Lieferant*innen und gezielten Risikominderungsmaßnahmen.
Durch die systematische Kombination von Länder- und Produktrisiken entsteht ein transparentes, reproduzierbares und gesetzeskonformes Verfahren, das die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes erfüllt und eine fundierte Priorisierung von Hochrisikolieferanten ermöglicht.
Die konkrete Risikobewertung
Im Anschluss an die abstrakte Risikobewertung folgt ein weiterer Risikobewertungsschritt: die konkrete Risikobewertung. Ziel ist hier, im Detail auf identifizierte Risiken im Rahmen der abstrakten Risikoanalyse bei priorisierten Lieferanten einzugehen. Diese Bewertung wird direkt durch die Informationsbeschaffung bei Lieferanten oder eigenen Geschäftseinheiten durchgeführt.
Auf Daato umfasst dieser Schritt zwei Prozesse, die zur Wahl stehen:
- Verhaltenskodex
- Selbstbewertung
Verhaltenskodex
Sobald die Punkte der Selbstbewertungsfragebögen bewertet sind, verbessern wir die Genauigkeit der endgültigen Selbstbewertung, indem wir die Anzahl der Mitarbeiter beim Lieferantenunternehmen oder eigenen Geschäftseinheiten berücksichtigen. Im Wesentlichen werden Lieferanten oder eigene Geschäftseinheiten, die in der Bewertung der Selbstbewertungsfragebögen eine "Sehr hohe" Risikopunktzahl erreichen, aber eine relativ geringe Anzahl von Mitarbeitern (zwischen 0 und 10) aufweisen, um eine Risikostufe nach unten korrigiert. Sie werden dann in der endgültigen Bewertung der Selbstbewertungsfragebögen als "hohes Risiko" eingestuft.
Umgekehrt gilt ein ähnlicher Ansatz für Lieferanten oder eigene Geschäftseinheiten, die in der Bewertung der Selbstbewertungsfragebögen eine "Hohe" Risikopunktzahl erreichen, aber eine beträchtliche Anzahl von Mitarbeitern (über 250) haben. In solchen Fällen wird ihr Risikoniveau um eine Stufe angehoben und sie werden in der endgültigen Bewertung der Selbstbewertungsfragebögen als "Sehr hohes" Risiko eingestuft.
Die Risikobewertung wird durch die Berücksichtigung der Mitarbeiterzahl verfeinert. Dies ermöglicht es, ein präziseres Risikoniveau für Lieferanten und eigene Geschäftseinheiten zu erhalten. Der Ansatz berücksichtigt die Schwere und Wahrscheinlichkeit jeder Risikokategorie und führt zu einer umfassenderen Bewertung des gesamten Risikoprofils.
Auf Basis des beschriebenen Prozesses wird jedem Lieferanten bzw. jeder Geschäftseinheit nun eine sogenannte Risikopriorität zugewiesen. Neben dem Risikolevel aus der abstrakten Risikoanalyse umfasst diese Risikopriorität nun nämlich noch - basierend auf den Antworten des Fragebogens - die Kategorien Einfluss und kausaler Beitrag.
Risikolevel und Risikopriorität
Das Risikolevel wird durch eine differenzierte und mehrstufige Bewertung ermittelt, die auf konkreten Daten und spezifischen Kriterien basiert.
Der erste Schritt zur Bestimmung des Risikolevels ist die abstrakte Bewertung. In diesem Schritt identifiziert Daato Lieferanten oder eigene Geschäftseinheiten, die in Ländern mit hohen Menschenrechts- und Umweltrisiken tätig sind oder Produkte herstellen, die mit Verstößen in diesen Bereichen in Verbindung stehen. Diese anfängliche Einschätzung erfolgt auf Basis von Länder- und Branchenanalysen.
Nach der abstrakten Bewertung erfolgt eine detailliertere, konkrete Bewertung durch den Selbstbewertungsfragebogen. Dieser Fragebogen stellt risikospezifische Due-Diligence-Fragen an die Lieferanten oder eigenen Geschäftseinheiten. Die Fragen sind darauf ausgelegt, spezifische Risiken zu identifizieren und zu bewerten.
Das Ergebnis des Fragebogen stellt die konkrete Risikobewertung dar. Hierbei werden zwei Hauptfaktoren berücksichtigt:
- Schweregrad des Risikos: Wie gravierend sind die potenziellen Auswirkungen des identifizierten Risikos? Dies umfasst sowohl die unmittelbaren als auch die langfristigen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt.
- Wahrscheinlichkeit des Auftretens: Wie wahrscheinlich ist es, dass das Risiko eintritt? Dies basiert auf historischen Daten, aktuellen Berichten und Prognosen.
Die abstrakte und konkrete Bewertung werden zusammengeführt, um das finale Risikolevel zu bestimmen. Dabei wird das Ergebnis des Fragebogens, welches sowohl die Schwere als auch die Wahrscheinlichkeit des Risikos integriert, als Gesamtbewertung genutzt.
Die Risikopriorität hingegen umfasst - neben dem Risikolevel - weitere Faktoren wie Einfluss des Kunden auf den Lieferanten und kausalen Bezug des Handeln des Kunden zum Risiko beim Lieferanten. Die Einflussfähigkeit wird anhand der folgenden Kriterien bewertet:
- Auftragsvolumen im Verhältnis zum Umsatz des Lieferanten: Ein höheres Auftragsvolumen im Vergleich zum Umsatz des Lieferanten bedeutet größeren Einfluss.
- Beziehungslänge: Langfristige Beziehungen erhöhen die Einflussfähigkeit.
- Beziehungsqualität: Eine starke und vertrauensvolle Beziehung ermöglicht eine effektivere Zusammenarbeit zur Risikominderung.
Der kausale Bezug wird wie folgt bewertet:
- Fragen zur Ursächlichkeit: Fragen im SAQ untersuchen, ob der Kunde durch seine Geschäftspraktiken (z.B. durch Preisdruck oder unfaire Vertragsbedingungen) negative Auswirkungen auf den Lieferanten hatte.
Basierend auf diesen weiteren Faktoren, gepaart mit dem Risikolevel aus abstrakter und konkreter Risikobewertung, wird die Risikopriorität berechnet und in vier Kategorien eingeteilt:
- Sehr hoch
- Hoch
- Mittel
- Niedrig
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